Wir reparieren und restaurieren Porzellan, Steinzeug, Steingut, Keramik, Fayence, Terracotta, Raku,
Keramik, Glas, Kristall, Alabaster und artverwandte Gegenstände.
Wir brennen Gebrauchsporzellan wieder zusammen und schleifen Gläser ab.
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Nr. 1 3. Januar 2008 |
Schöner
Leben
Reparieren |
geht über wegwerfen |
Geht etwas kaputt, landet es im Müll. Dabei lässt sich vom Teddy bis zum iPod fast alles flicken. Man muss nur wissen wo. Wir stellen drei Reparatur-Werkstätten vor, die auf ihrem Gebiet wahre Wunder vollbringen.
Text Corina Bosshard Fotos Sava Hlavacek
Auf der
Notfallstation der Porzellanklinik warten ein angeschlagener
persischer Wasserkrug und eine Tonkatze mit abgebrochenem Ohr
auf ihre Behandlung. Nebenan harrt ein Zuckerdosendeckel schon
gut 24 Stunden im Brennofen aus. Auf dem Boden sitzt ein
Gartenzwerg, der vertieft in seinem Buch liest und wartet,
dass die Ölfarbe an seinen Bruchstellen trocknet und er
wieder in seinen Garten entlassen wird. Rolf Neff , der
Porzellandoktor im weissen Kittel, fügt in seiner
Winterthurer Klinik zusammen, was zusammengehört. Er
brennt und kittet und flickt, was in Scherben liegt. Er ist
der letzte Retter dieser schönen Dinge, denen schon der
Mülleimer drohte. Denn dort landet Kaputtes und Defektes
heute meist auf direktem Weg. Ans Reparieren denken nur noch
die wenigsten. Flicken wirkt in einer Wegwerfgesellschaft
nicht mehr zeitgemäss. Dabei geht vergessen: Für
fast alles, was wir wegwerfen, gibt es irgendwo einen Bastler
und Flicker wie Rolf Neff, der dem lädierten Gegenstand
neues Leben einhauchen kann. Man muss ihn nur finden. |
In Wien hat man sich des
Problems bereits angenommen: Dort gibt es seit 1999 das
«Repanetzwerk Wien», eine Internetplattform, die
dem Konsumenten das Reparieren vereinfacht. Reparateure
jeglicher Couleur können sich dort registrieren lassen
und per Mausklick aufgespürt werden. Das Netzwerk
vermittelt jährlich über 70'000 Reparaturen. Ein
Beweis dafür, dass die Möglichkeit, Kaputtes flicken
zu können, in manchen Fällen durchaus gefragt ist. Vor allem bei Stücken mit emotionalem Wert lohnt sich die Suche nach einem Fachmann wie etwa dem Porzellandoktor. Rolf Neff arbeitet gerade an zwei holländischen Wandtellern mit blauen Windmühlen, die in Scherben auf dem Operationstisch liegen. «Die sind bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg in die Brüche gegangen», erzählt er. Weil die Besitzer an den Tellern hingen, hoben sie die Scherben im Estrich auf – bis sie im Internet auf Neffs Porzellanklinik stiessen. Für Rolf Neff kein Einzelfall: «In meine Klinik kommen Dinge, zu denen die Menschen eine Beziehung haben.» |
«Die Mütter bitten mich, die Bäbis bis zum Abend zu flicken, sonst können die Kleinen unmöglich einschlafen.» Klaus Studer |
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Klaus Studer, Leiter der Spielzeugwerkstatt Gump- und Drahtesel in Bern, macht sich an die Reparatur eines Schaukelpferds. |
Manche Gegenstände bedeuten uns mehr
als ihr materieller Wert. Das Armband, um das man im
orientalischen Souk feilschte, die von der Oma geerbte
Brosche, der Teddybär aus Kindertagen – an diesen
Dingen hängen wir, weil positive Erinnerungen an ihnen
haften. Wenn die kostbaren Stücke kaputt gehen, ist das
eine Katastrophe; wenn sie gerettet werden können, Balsam
für die Seele. Was uns ans Herz gewachsen ist, lassen wir
daher auch flicken, wenn die Reparaturkosten den eigentlichen
Wert des Gegenstandes übersteigen: Wenn Liebe im Spiel
ist, ist kein Preis zu hoch. Das kennt auch Antikschreiner Klaus Studer, Leiter der Spielzeugwerkstatt Gump- und Drahtesel in Bern. Der Retter von Dreirädern, Teddybären und Leiterwagen erzählt von 60-jährigen Kundinnen, die ihren alten Bäbiwagen in die Werkstatt schieben, und von Müttern |
mit einer kaputten Puppe in der einen
und einem schluchzenden Kind an der anderen Hand: «Das
sind die Express-Reparaturen», lacht er. «Die
Mütter bitten mich, das Bäbi bis zum Abend zu
flicken, sonst können die Kleinen unmöglich
einschlafen.» Nicht ganz so emotional geht es in Jürg Bahnmüllers Werkstatt im Brökozentrum Arche in Zürich zu, denn wer hat schon eine innige Beziehung zu einem Fernseher? Den hier angebotenen WWF-Panda- Reparaturservice für Unterhaltungselektronik nutzt eine vorwiegend ältere Kundschaft. Weil Reparieren für diese noch eher eine Selbstverständlichkeit ist? Bahnmüller sieht das pragmatischer: «Älteren Menschen ist es ein Graus, sich mit dicken Gebrauchsanweisungen rumzuschlagen. Bei ihrem alten Videoplayer wissen sie genau, auf welchen Knopf sie drücken müssen.» |
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«Grossverteiler reparieren nur während der Garantiezeit, danach wollen sie dem Kunden wieder Neues verkaufen. Das ist lukrativer.» Jürg Bahnmüller |
Jürg Bahnmüller vom Brökozentrum Arche in Zürch revidiert einen Plattenspieler aus den 60er-Jahren. Er kontrolliert das Treibrad und reinigt und fettet das Innenleben. |
Immer mehr Kunden treibt aber auch der
Verdruss über die Wegwerfgesellschaft in Bahnmüllers
Werkstatt. In der Elektrobranche zeigt sie sich besonders
deutlich: Wer mit einem drei Jahre alten, defekten Mixer
unterm Arm ein Geschäft betritt, bekommt meistens zu
hören: «So was repariert man doch nicht mehr,
schauen Sie, hier haben wir schöne neue Geräte
– und die sind sogar billiger.» Jürg
Bahnmüller kennt das: «Grossverteiler reparieren
nur während der Garantiezeit, danach wollen sie dem
Kunden wieder Neues verkaufen. Das ist lukrativer.» Wer
in den Geschäften abblitzt, kann bei Bahnmüller auf
letzte Rettung für sein gutes Stück hoffen. In seiner Werkstatt türmen sich Kästchen und Schubladen voller Fernbedienungen, Kabel, Kippschalter, Bananenstecker und Glühbirnchen: Jürg Bahnmüllers privates Ersatzteillager. Doch auch er ist kein Wunderdoktor: «Wir müssen heute Sachen wegschmeissen, die der Kunde vor zwei Jahren gekauft hat, weil es keine passenden Ersatzteile |
mehr gibt.» Zudem werden
die Geräte immer kleiner. Streichholzschachtel
grosse MP3-Player sind auch für Bahnmüller
aussichtslose Fälle. Immer mehr ist heute so gebaut, dass
man es kaum mehr öffnen, geschweige denn reparieren kann.
«Heute kaufen wir in der Unterhaltungselektronik zu 80
Prozent Wegwerfartikel.» Das kann
Spielzeug-Reparateur Studer auch für seine Branche
unterschreiben: «Die Qualität der Spielsachen hat
in den letzten Jahren abgenommen.» Briobahnen und
Wisa-Gloria-Schaukelschnecken sind robust, und wenn etwas
kaputt geht, kann Klaus Studer es richten. Bei Furby, Barbie
und Co. hingegen muss er oft passen: «Vieles ist von
Anfang an billiger Plastikschrott aus Fernost und so
konstruiert, dass ich nicht gewährleisten kann, dass die
Reparatur hält.» Studer verrechnet 60 Franken pro Arbeitsstunde. Bei einem Holzspielzeug von Pastorini lohnt sich das allemal, bei billig erstandenem Plastikspielzeug schütteln viele Leute den Kopf. |
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Rolf Neff von der Porzellanklinik Winterthur flickt und brennt, was in Scherben ging und den Besitzern ans Herz gewachsen ist. | |
Ganz ähnlich ist es mit dem Lieblingsspielzeug der Erwachsenen: Im Schnitt ist ein Handy heute eineinhalb Jahre in Betrieb. Sobald die ersten kleinen Macken auftreten, muss ein neues her. Meist ist eine Kleinigkeit schuld am Defekt. Dank der Handyclinic in Winterthur braucht man sein Natel nur in einem bestellbaren Beutel einzuschicken, und das Gerät wird zum Pauschalpreis von 98 Franken repariert. Doch um sein Handy dann tatsächlich in den Beutel zu stecken, muss man erst einmal der Verlockung des neuen, hauchdünnen Foto-MP3-Video-Handys widerstehen können. Die Hürde ist also mehr psychologischer denn technischer Natur. Die Umwelt bekommts zu spüren. Hanspeter Fahrni, Leiter der Abteilung Abfall und Rohstoffe beim Bundesamt für Umwelt (Bafu), bestätigt: «Allein der Elektroschrott beläuft sich heute in der Schweiz auf gut 90'000 Tonnen pro Jahr.» Die Müllberge türmen sich, während die Konsumenten munter Neues kaufen, weil es ja so billig ist. «Am besten achtet man schon vor einer Anschaffung darauf, ob der Artikel auch stabil und zu reparieren ist», empfiehlt Fahrni. «Das kostet dann vielleicht etwas mehr, auf lange Sicht lohnt es sich aber allemal.» Generell gilt: Wer gegen den Wegwerfstrom schwimmen und reparieren will, sei es der Umwelt, dem Portemonnaie oder der Seelezuliebe, muss suchen. Doch wer sucht, der findet: vom Puppenklinikum bis zur iPod-Garage. Meist handelt es sich um kleine Betriebe, die von Mund-zu-Mund Propaganda leben. Viele lassen sich mit etwas Geduld auch auf dem Internet aufstöbern. Also beim nächsten Handydefekt oder Scherbenhaufen nicht verzweifeln, sondern daran denken: Vielleicht kann man reparieren statt liquidieren. |
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Schweizer Familie 1/2008